Eine neue Generation erscheint in Ambohitsara
Ein Volk verdirbt an Mangel an Erkenntnis. So steht es schon in den Sprüchen Salomos. Auch ist es so, dass in der Bibel Weisheit und Reichtum meistens als „Tandem“ erscheinen. Bildung ist Wissen. Wissen ist ein Teil der Weisheit und war schon immer der Armutskiller Nr. 1. Bildung ist etwas das zählt. Langfristig. Darüber will ich euch heute praktische Beispiele in Form von Geschichten aus Ambohitsara erzählen.
Die meisten Menschen in den Dörfern Madagaskars sind Analphabeten. Aber wenn wichtige Leute dort zu Besuch kommen, werden sie vom Dorfältesten empfangen. Der steht auf und zählt ihnen manchmal 1 Stunde lang alle seine Ahnen auf. Es ist wichtig für ihn, darauf hinzuweisen, woher er kommt, ob er königlicher Abstammung ist, dass er „nicht irgendwer“ ist… Und wenn er sich wieder hingesetzt hat, dann ist es üblich, dass der Gast alles Wort für Wort wiederholt. Und sie können das wirklich: 1 Stunde, Wort für Wort und in der richtigen Reihenfolge, alles wiederholen. Ihr Gedächtnis ist phänomenal….
(die kleinen Bilder kann man durch Doppelklick vergrößern)
Diese traditionellen Fähigkeiten sind Teil einer anderen Art von Bildung, aber in der Stadt zählt sie nicht. Wenn die Dorfleute z.B. nach Port-Berger gehen, weil sie Reis verkaufen wollen, um Schuhe zu kaufen, dann sind sie „verloren“. Sie können die Geldscheine nur anhand der Farbe unterscheiden. Und wenn ihr Reis beim Händler mit einer Waage gewogen wird, dann werden sie so oft betrogen.
Aber jetzt setzt sich auf dem Bongolava-Gebirge Bildung, die auch in den Städten zählt, mehr und mehr durch. Unsere Leute vom Alphabetisierungs-Team machen sich auf den Weg in die umliegenden Dörfer und laden die Leute ein, Lesen und Schreiben zu lernen. Und sehr viele wollen. Da die Bibel ihr „Lesebuch ist, werden sie neugierig und möchten mehr von diesem großen Gott hören. Und viele bekehren sich dadurch und finden zu Jesus Christus, der alle ihre Ketten löst, die sie an den Ahnenkult binden…
Anschließend bringen wir ihnen im sog. „Post-Alpha-Kurs“ noch moderne, zweckmäßigere Anbaumethoden bei…Z.B. solche Dinge wie Gemüseanbau, Kompost und Natur-Dünger zu benutzen…Das ist Großteils ziemlich unbekannt. Die Leute auf dem Plateau dachten immer – was wächst, das wächst, man kann es nicht beeinflussen.
Langfristig haben sie es dadurch auch nicht mehr nötig, den Wald abzuholzen, die Affen zu essen und Brandrodung zu betreiben.
Aber auch unsere Schulkinder sind ein Zeichen für nachhaltige Veränderung in der ganzen Region. Viele sind schon vom Kindergartenalter an bei uns in der Missionsschule. Manche kennt ihr von den Schulpatenschaften. Sie durchlaufen die Schule und machen ihr Abitur bei uns. Vor einigen Jahren starteten wir ein Stipendiaten Programm. Nach ihrem Abitur werden geeignete junge Menschen, die die Missionsschule erfolgreich absolviert haben, von uns angesprochen. Wir schicken sie dann mit einem Stipendium an verschiedene Universitäten in Madagaskar. Nach dem Studium werden sie genauso viele Jahre, plus 2 Jahre, wie sie Stipendium von uns bezogen haben, in Ambohitsara arbeiten – natürlich gegen Bezahlung. Außerdem machen alle während ihres Studiums in den Ferien in Ambohitsara verschiedene Praktika, an dem Platz, für den sie ausgebildet werden. Dies schafft eine Identifikation und Bindung an das Missionszentrum. Die meisten unserer Stipendiaten sind „brennend“ für Jesus. Warum ist das wichtig? Weil sie zu einer zukünftigen Leiter-Generation des Missionszentrums aufgebaut werden. Nicht alle unsere Angestellten sind bekehrte Christen, aber alle unsere Leiter im Missionszentrum müssen es sein.
Warum tun wir das? Es ist schwierig für uns, gute Leiter zu finden, die langfristig bei uns bleiben. Die unsere Vision teilen. Die nicht verschwinden, wenn es mal schwierig wird. Die Jesus lieben. Die meisten jungen Menschen wollen lieber in den Städten leben, wo es mehr Comfort gibt und Unterhaltungsmöglichkeiten usw. Im Dorf gehen um 18 Uhr buchstäblich „alle Lichter aus“. Und durch dieses Stipendiaten Programm bilden wir Leute aus, die langfristig beim Missionszentrum bleiben. Sie waren an unserer Schule und sind Kinder dieser Gegend. Ihre Eltern sind mega-stolz auf sie, dass sie jetzt für das Missionszentrum arbeiten. Diese jungen Leute identifizieren sich mit der Vision des Missionszentrums und lassen sich auf die „Pionierarbeit“ ein. So erzielen wir Nachhaltigkeit.
Hier stelle ich euch einige dieser Jugendlichen vor.
Felicite
Sie hat an der Missionsschule ihr Abitur gemacht und ging schon als Kind in die Missionsschule. In der Erweckungswoche im Sommer hat sie ihr Leben Jesus Christus übergeben.
Jetzt studiert sie in Antsohihy, ca. 120km nördlich von Ambohitsara, wird Krankenschwester und später im Buschkrankenhaus arbeiten.
Felicite kommt aus einer Familie in Ambohtisara, die direkt neben dem Basiscamp lebt. Ihr Vater, Lebond, war früher der „Tierarzt“ der Kommune, einer der wenigen Intellektuellen in der ganzen Kommune. Er hatte großen Einfluss im Dorf, aber er hasste das Missionszentrum. Irgendwie empfand er uns als „Konkurrenz“. Er war wirklich ein „Feind“ und hat uns sehr geschadet. Wir haben lange für ihn gebetet.
Und während der Erweckungswoche 2022 hat er ganz begeistert ein Zeugnis gegeben. Er hat sich vor 1 oder 2 Jahren zu Jesus Christus bekehrt. Seine Frau war königlicher Abstammung und als Hohepriesterin für den Ahnenkult prädestiniert. Sie war nicht einverstanden, dass Lebond Christ wurde und hat ihn verlassen. Lebond war sehr deprimiert deswegen, aber dann sind in seinen Augen 2 Wunder geschehen: Erstens wurde seine Tochter in das Stipendiaten Programm aufgenommen. Und zweitens: das Geld, das er schon für ihr Studium bezahlt hatte (ca. 2 Monate), wurde vom Missionszentrum an ihn zurückgegeben. Er sagte sinngemäß: „meine Frau ist zwar jetzt weg, aber ich habe Jesus. Ich habe die ganzen Jahre meines Lebens ohne Jesus verschwendet, aber die Jahre, die ich noch habe, werde ich für ihn leben. Jesus sorgt für mich, ich bin reichlich gesegnet von ihm!“ Was für ein Zeugnis! Halleluja! Und er kommt „aus dem Busch“. Wenige Menschen in unseren Breitengraden reden so!
Bienvenue
Bienvenue ist der jüngere Bruder von Clement, der auch ein Stipendiat des Missionszentrums war. Clement ist jetzt Pastor und Leiter unseres Alphabetisierungs Teams. Ihr habt Clement auch am letzten Wochenende beim digitalen Madagaskar-Event über Zoom „getroffen“.
Bienvenue kommt aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Port-Berger. Er war auch schon als kleines Kind im Missionszentrum. Alle, die als Kurzzeit- oder Langzeitmissionare in Ambohitsara waren, kennen ihn, weil er immer da war. Er ist Christ und Mitglied der Studentenmission in Diego, der nördlichsten Stadt Madagaskars, wo er jetzt Maschinenbau studiert. Er ist regelmäßig in Ambohitsara in den Ferien. Er soll unsere elektrotechnische Werkstatt betreuen und unsere gesamte Technik wird unter seiner Aufsicht stehen: Solar, der SADKO, alle Maschinen, Generatoren, die Kubotas….
Alix
Er kommt auch direkt aus Ambohitsara. Er hat die Missionsschule besucht und sich in der Schülermission bekehrt.
Nach seinem Abitur war er der Gruppenleiter in der Schulkantine. Er ist so begeistert von Jesus, dass er seiner ganzen Sippe das Evangelium gepredigt hat.
Jetzt studiert er Lehramt Französisch in Majunga, an der Westküste, ca. 400 km von Port-Berger entfernt.
Bercel
Bercel kommt aus Port-Berger. Er studiert jetzt im Rahmen des Stipendiaten-Programms Medizin in Tana an einer privaten Universität. Es ist sehr schwierig bis unmöglich, an der staatlichen Universität einen Platz zu bekommen. Er wird später als Arzt in Ambohitsara im Missionskrankenhaus arbeiten.
Perlin, Francis und Mariol
Francis und Perlin waren einige der ersten Gymnasiasten an der Missionsschule. Sie sind zwar keine Stipendiaten, aber sie tragen als Grundschullehrer ebenfalls zur Nachhaltigkeit unserer Arbeit bei.
Da sie das Schuljahr 2014 mit Auszeichnung bestanden hatten, durften sie damals in die Hauptstadt zum „Sightseeing“. Sie waren wohl die ersten in ihrem Dorf, die jemals in der Hauptstadt waren… Ich erinnere mich noch, dass es in Tana ziemlich kalt war. Als „Dorfkinder“, hatten sie nur T-Shirts dabei und haben fürchterlich gefroren. Ich weiss noch, dass ich damals im Gästehaus in Tana nach warmen Klamotten und Decken für sie gesucht habe. Ihr könnt ihre Geschichte hier nachlesen:
https://hope-projekte-madagaskar.org/hope-schule-ambohitsara-eine-erfolgsstory/
Perlin und Francis 2014…
Justine und Hubert
Hubert und Justine kamen mit ihrem Bachelor-Abschluss vor ca. 6 Jahren zu uns und arbeiteten als Gymnasiallehrer. Hubert wurde dann nach Majunga geschickt, um sein Master zu machen. Und seine Frau hat ein neues Studium – Missiologie – absolviert. Hubert ist mittlerweile schon fertig und arbeitet als Konrektor der Missionsschule. Justine wird die Nähwerkstatt übernehmen. Sie macht bis zum Sommer 2023 noch eine Fortbildung diesbezüglich. In einem meiner letzten Blogs hatte ich darüber berichtet:
https://hope-projekte-madagaskar.org/die-maedchen-des-bongolava-gebirges/
Wir haben das Geld schon fast zusammen für die Nähwerkstatt. Das Gelände für das Haus wurde schon vorbereitet und im Mai, nach der Regenzeit können wir anfangen zu bauen.
Vero und Gino
Vero war schon länger als Englisch-Lehrerin im Missionszentrum tätig. 2017 hat sie ihre Schwester Voahangy mitgebracht. Ich erinnere mich noch, dass wir damals zusammen in einem Auto nach Port-Berger fuhren und eine Panne unterwegs hatten. Sie haben so gefroren, dass ich sie mit meinem Schlafsack zudecken musste….
Veros Mann Gino ist Deutschlehrer und studierte auch in Tana Lehramt.
Voahangy und Fernand
Voahangy wird als Laborantin an einer Elite Schule in Tana ausgebildet. Genauso ihr Verlobter Fernand. Sie werden beide Florette unterstützen, die im Moment allein im Labor arbeitet.
Safidy
Safidy ist mittlerweile schon fertig. Er unterrichtete und arbeitete schon vor seinem Studium als Informatiker/Informatiklehrer in Ambohitsara. Er hat jetzt einen Masterabschluss in Informatik an der Uni in Fianarantsoa (ca. 1000 km südlich von Port-Berger) gemacht. Ich kenne ihn auch schon sehr lange. 2013 hat er mir im Basiscamp gezeigt, wie man Hühner dazu bringt, noch mehr Eier zu legen…
Alle diese jungen Menschen haben jetzt dank Euch eine gute Zukunft. Und sie sind ein Segen für das Missionszentrum. Unsere neue Generation, die uns „Ältere“ irgendwann einmal ersetzen wird, steht schon am Start. Wir sind so stolz auf sie! Diese hier sind fertig, aber es müssen immer wieder neue, zukünftige Leiter ausgebildet werden, da das Missionszentrum wächst….Investiert in sie, es ist eine gute Investition für die Zukunft. Ein Stipendium kostet in etwa 100 Euro pro Monat.
Jesus gebraucht immer wieder das Gleichnis vom Samenkorn, das in die Erde fällt und stirbt. Und dann 30-60-oder 100 fache Frucht hervorbringt. Wenn du dein Geld weggibst, dann „stirbt“ es erst einmal für dich. Es wird „in die Erde gelegt“ und ist quasi „verschwunden“. Aber dann, im nächsten Frühling trägt es ein Vielfaches der Frucht. Gott segnet einfach solche Opfer. Manchmal in Form von Gesundheit oder Heilung, manchmal gibt Gott dir eine Offenbarung und du kannst Dinge für einen Bruchteil dessen kaufen, was Du eigentlich dafür ausgeben müsstest….
Wir alle danken Euch herzlich, für alles, was Ihr für diese Leute tut. Wie ihr seht: Eure Hilfe kommt an. Eure Hilfe in Form von Bildung „füttert“ die Menschen nicht nur, sondern ist ein Werkzeug für sie, um sich und ihre Familie selbst ernähren zu können. Und um ein Segen für andere zu sein….
Die Menschen und die Jugendlichen des Bongolava-Gebirges wünschen Euch einen fröhlichen 4. Advent und sagen: „Misaotra betsaka“ – Vielen Dank!