Erste christliche Hochzeit im Bongolava-Gebirge
Das hat es vermutlich noch nie vorher gegeben. Das Bongolava-Gebirge ist eines der ziemlich okkult belasteten Regionen in Madagaskar. Hier lebt u.a. der Volksstamm der Tsimihety. In ganz Madagaskar gibt es diese verschiedenen Volksstämme. Sie sprechen zwar die gleiche Sprache (Malagasy), haben aber, wie z.B. in Deutschland, verschiedene Dialekte, wie Bayrisch, Schwäbisch, Plattdeutsch….
Früher haben dort die Tsimihety-Könige ihre Rinder weiden lassen. Kaum einer hat sich dorthin gewagt, weil viele unheimliche Geschichten umgegangen sind. Also wegen Rinderdiebstahl hatten diese Könige keine Probleme….
Die Hochzeiten, die sonst auf dem Bongolava-Gebirge stattfinden, stehen unter dem Zeichen des Ahnenkults. Wenn ein Paar heiratet, läuft das i. d.R. so ab:
Der Bräutigam holt seine Braut in ihrem Heimatort ab. Dort wird den Ahnen ein Rind geopfert. Dann fahren sie mit der Hochzeitsgesellschaft zum Heimatort des Bräutigams, wo noch einmal ein Rind den Ahnen geopfert wird.
Das machen sie um die Ahnen gnädig zu stimmen und die Ehe unter den Schutz und Segen der Ahnen zu stellen. Dann wird gefeiert. Oft halten sie auch noch eine sog. „Tromba“ Zeremonie ab. Dabei wird mit Hilfe eines Mediums Kontakt zu den Verstorbenen aufgenommen und sie befragt. Diese angeblichen „Ahnen“ sprechen dann Gebote und Verbote aus, die in Zukunft von der jungen Familie eingehalten werden müssen. Also eine ziemlich okkulte Angelegenheit.
Bei „unserem“ Brautpaar war das nicht so. Es handelt sich hier um unseren früheren, langjährigen Mitarbeiter Tiankavana, dem jüngeren Bruder unseres Stipendiaten Clement. Er hat bis 2014 bei Hope-Projekt-Madagaskar gearbeitet und war sozusagen die inoffizielle „rechte Hand“ unseres Projekt-Direktors Anatole, weil er sehr zuverlässig ist – solche Leute findet man nicht so oft. Offiziell war er im Ackerbau-Team und vor allem für die Zugochsen und Versorgungsfahrten nach Port-Berger zuständig. Jetzt arbeitet er als selbständiger Unternehmer und handelt mit Waren, die er in der Hauptstadt verkauft. Seine Frau heißt Dicte und kommt aus der Nähe von Antsohihy.
Tiankavanas Hochzeit war sehr schön. Sie hatten sich dazu entschlossen, bei Hope-Projekte-Madagaskar zu heiraten, weil sie nichts mit dem Ahnenkult zu tun haben wollten. In ihrem Heimatort hätte es geheißen, dass sie „die Ahnen verraten“ hätten.
Aber sie mussten einen hohen Preis dafür bezahlen. Die Eltern von Tiankavana sind nicht gekommen. Auch die meisten aus seiner Verwandtschaft nicht. Das wäre nämlich „Verrat an den Ahnen“ gewesen. So waren nur seine Geschwister (die auch Christen sind) und seine ehemaligen Arbeitskollegen da. Bei Dicte kann ich es nicht so genau sagen, aber auf den Bildern sind ihre Mutter und ihr Bruder (?) zu sehen.
Zuerst haben sie in Port-Berger standesamtlich geheiratet, mit einem anschließenden Essen im Hof seiner Großmutter (meiner Schwiegermutter). Später sind sie dann nach Ambohitsara gefahren.
Dann sind sie von Clement – dem Bruder von Tiankavana – in der lutherischen Gemeinde von Andranomena getraut worden, da Clement ordinierter lutherischer Pastor ist. Er hatte zu diesem Zeitpunkt gerade Ferien und hat im Missionszentrum in Ambohitsara mitgeholfen.
Anschließend sind sie mit einem Ochsenkarren-Korso nach Ambohitsara gefahren.
Die Feier fand dann in der neuen, noch im Bau befindlichen Schulkantine auf dem Gelände der Hope-Projekte Madagaskar statt.
Die Braut – in einem weißen Brautkleid – war bestimmt die Attraktion der ganzen Gegend: so etwas haben die Leute hier bestimmt noch nie vorher gesehen.
Fortsetzung folgt…