Regenzeit ist „Sorgenzeit“

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Bongolava-Gegend

Als wir 2008/2009 in das Bongolava-Gebirge kamen, gab es da für ca. 20.000 Menschen keine relevante medizinische Versorgung. Das Bongolava-Gebirge ist ein steppenartiges (vor allem durch Brandrodung zur Steppe geworden) Hochplateau. Viele kleine Dörfer – unter anderem Ambohitsara – liegen verstreut auf diesem Höhenzug.                    

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Piste in der Trockenzeit

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Piste in der Regenzeit

Das nächste Krankenhaus der „Klasse CHD I“ (Krankenhaus mit stationärer Aufnahme und angestellten Ärzten) ist  in Port-Berger, 25 km entfernt. Da die Pisten staubig und schlecht sind, braucht man dazu während der Trockenzeit (zu Fuß oder per Ochsenkarre) 8 Std. Wenn man dringend eine Operation oder eine Röntgenaufnahme braucht, muss man von Port-Berger aus noch weiter nach Antsohihy mit einem Buschtaxi fahren – nochmals 3 – 4 Std. Dort angekommen, soll man dann erst mal (wie es in den staatlichen Krankenhäusern üblich ist) Geld für die Behandlung „auf den Tisch legen“ und manchmal sogar das Personal „extra bezahlen“, sprich bestechen, damit überhaupt etwas passiert. Ohne Geld keine Behandlung. Viele der ländlichen Reisbauern können aber (durch Rinderverkauf) das Geld erst nach 14 Tagen „flüssig“ machen. Durch alle diese Umstände überleben leider viele der Patienten nicht, wenn sie etwas Schlimmes haben. Und da die Dorfbewohner dies alles wissen, machen sie sich oft viel zu spät, oder gar nicht auf den Weg.

                                 Außenteam: 1)Weg zum Dorf 2) Schluck-Impfung

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                              Regenzeit: Flussüberquerung für Kranke unmöglich

In der Regenzeit (November bis April) ist es oft unmöglich, von diesem Hochplateau herunterzukommen. Flüsse, die in der Trockenzeit relativ seicht sind, werden dann zu einem reißenden und breiten Strom, der oft nur mit einem Boot zu überqueren ist. Außerdem gibt es dann auch Krokodile.

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einige Mitarbeiter der Krankenstation

Wir haben aus diesen Gründen 2008/2009 eine kleine Krankenstation errichtet, die von einem erfahrenen Krankenpfleger besetzt war. In Madagaskar ist das die gängige Vorgehensweise, um wenigstens die medizinische Grundversorgung der Menschen auf dem Land zu sichern. Ab 2013 hatten wir dann schon einen Arzt, 2 Pfleger, 2 Pflege-Helferin, und eben zeitweise die Krankenschwestern aus Europa. 2014 kam noch Dr. Roseline dazu. Sie ist eine sehr fähige Chirurgin und  hat schon mehrere Krankenhäuser in Madagaskar und im Ausland aufgebaut und geleitet.

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Epidemie 2015: Überall liegen kranke Kinder….

Seit der letzten Epidemie wurde auch das „Außenteam“ von Roseline unter der Leitung von Debora (aus der Schweiz) aufgebaut. Dessen Aufgabe ist es, die Dörfer regelmäßig zu besuchen. Es werden Kinder und Schwangere geimpft und wichtige Aufklärungsarbeit geleistet. Dass man z.B.

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Krankes Kind vor der Krankenstation

rechtzeitig zur Krankenstation kommt, wenn man Fieber hat (meist ist das Malaria). Und nicht erst wenn es schon zu spät ist. Und man muss ihnen immer wieder sagen, dass es bei uns nicht so ist wie in den staatlichen Krankenhäusern – erst bezahlen, dann Behandlung. Dass sie auch später bezahlen können. Dass sie auch in Naturalien oder in Arbeitsleistung (in unserem Bauhof und Landwirtschaft) „bezahlen“ können. Es ist leider immer noch so, dass dies für die Landbevölkerung „unglaublich“ und „zu schön um wahr zu sein“ ist.

 

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die 2 Brüder – Li: verbleibender Ältester, Mitte: verstorbener Ältester

Hier eine Geschichte, die ich nie erzählen kann, ohne dass mir die Tränen kommen. In Ambohitsara gab es 2 Dorfälteste (Brüder). Wir kennen uns schon sehr lange. Immer wenn ich mit einem Freiwilligen-Team aus Europa hinkomme, machen wir bei den beiden einen „Antrittsbesuch“ und einen „Abschiedsbesuch“. Man stellt sich quasi unter deren „Schutz“ und hat ihr o.k. für die Arbeit vor Ort. Das ist so üblich da. Eines Tages (Herbst 2014) war einer der beiden krank. Er ist zu Anatole, unserem Projektdirektor gegangen und hat gefragt, ob er Land kaufen will. Der Anatole hat sich erst mal gewundert, er brauchte aber im Moment kein Land. Nach unserem Abschiedsbesuch dann (er sah echt nicht gesund aus), als ich schon in Tana war, hab ich gehört, dass er vor ein paar Tagen gestorben ist. Er wollte Land verkaufen, damit er die Behandlung in der Krankenstation bezahlen könnte (wie er dachte, was aber nicht stimmte). Nachdem Anatole das mitbekommen hat, hat dann zu dem verbleibenden Ältesten und seiner Frau gesagt, dass sie, wenn sie krank sind, zur Krankenstation kommen  m ü s s  e n  – das Missionszentrum wird die Behandlungskosten übernehmen…. Fortsetzung folgt.

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der verbleibende Älteste war auch krank – jetzt ist er inzwischen wieder gesund

 

 

 

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